Im Grundgesetz ist bislang festgelegt, dass der Bund in Deutschland nicht in die föderale Bildungspolitik eingreifen darf, denn die inhaltliche wie organisatorische Gestaltung des Bildungssystems obliegt der Länderhoheit. Die im Jahre 2006 mit Einführung des Art. 91 b GG angestoßene Föderalismusreform ermöglicht dem Bund gemeinsam mit den Ländern „in Fällen überregionaler Bedeutung bei der Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre zusammenzuwirken“. Darüber hinaus ist eine Zusammenarbeit gem. Art. 91 b Abs. 2 GG hinsichtlich der Feststellung der Leistungsfähigkeit des Bildungswesens im internationalen Vergleich gestattet. Die finanziellen Anforderungen, welche mit der fortschreitenden Digitalisierung auf die Länder zukommt, haben zu einer intensiven Diskussion um einen sogenannten Digitalpakt zwischen dem Bund und den Ländern geführt. Während also andere Staaten ihre Schulen und das Lernen bereits wieder in analoge Verfahren zurückführen und die digitalen Medien reduzieren, verbreitet sich zurzeit in Deutschland überwiegend eine unreflektierte Digitalisierungseuphorie im Bildungsbereich, die sogar so weit geht, dass das bisherig föderal organisierte Bildungswesen umbruchartigen Veränderungen ausgesetzt wird.
Damit die Umsetzung des sogenannten Digitalpaktes ermöglicht wird, wurde am 29. November 2018 eine Grundgesetzänderung mit Zustimmung aller Fraktionen mit Ausnahme der AfD-Bundestagsfraktion vollzogen. So können fünf Milliarden Euro in die Umrüstung der Schulen auf digitalisiertes Lernen, verteilt auf fünf Jahre, fließen.
Ungeachtet der langfristigen Kosten, die für Schulen und Kommunen entstehen, hebelt man das im Grundgesetz verankerte Kooperationsverbot aus, ohne zu bedenken, welche historische Bedeutung gerade dieses Kooperationsverbot hat. Es waren die Erfahrungen der totalitären Systeme in Deutschland, (des Nationalsozialismus und des Kommunismus), in denen die Bildungspolitik der ideologischen Beeinflussung und Konditionierung junger Menschen diente, um sie zu willfährigen Untertanen der herrschenden Klasse zu erziehen.
Die große Koalition verfügt weder im Bundestag noch im Bundesrat über die für eine Verfassungsänderung nötige Zweidrittel-Mehrheit und ist somit auf die Unterstützung der Opposition angewiesen. Nach der am 29. November 2018 vollzogenen Verabschiedung im Bundestag könnte der Bundesrat das Gesetz am 14. Dezember abschließend beraten.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (B90/ Die Grünen) hat bereits angekündigt im Bundesrat gegen den Plan der Bundesregierung zu stimmen. Auch in Bayern stößt dieses Vorhaben nicht auf uneingeschränkte Akzeptanz. Herr Laschet hat sich bislang vorsichtiger geäußert: „Die Landesregierung bewertet derzeit den konkreten Vorschlag der Bundestagsfraktion auch verfassungsrechtlich.“ Wohingegen die Schulministerin, Frau Yvonne Gebauer, bereits ihre Zustimmung signalisiert hat. Nach der Verabschiedung der Grundgesetzänderung im Deutschen Bundestag am 29.11.2018 hat sich eine Unentschlossenheit seitens der Bundesländer Schleswig-Holstein und Sachsen gezeigt.
Der Bildungsföderalismus stellt in der heutigen Zeit nach wie vor ein hohes demokratisches und partizipatives Gut dar und wirkt somit als ein Schutzschild vor den sich perpetuierenden Interessen von Großkonzernen. Die Bildungshoheit der Länder gewährleistet demokratische Prozesse, kulturelle Vielfalt und einen leistungsförderlichen Wettbewerb.
Es grüßt Sie herzlich,
Ihr Helmut Seifen, MdL
Landessprecher NRW
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